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03. Juli 2020

Samurai-Wespe zur Bekämpfung der Marmorierten Baumwanze


Die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) ist inzwischen in vielen Gegenden Europas verbreitet. In Südtirol wird dieses aus Asien stammende invasive Insekt seit 2016 beobachtet. Die Baumwanze befällt verschiedene landwirtschaftliche Kulturen und kann in der Obstwirtschaft große Schäden verursachen.
2018 wurden in Südtirol erste kleinere Schäden entdeckt, im letzten Jahr lagen die geschätzten Gesamtausfälle bei rund 20 Mio. Euro.

Am Versuchszentrum Laimburg in Südtirol (Italien) wird der Schädling seit 2016 untersucht. „Um eine wirksame Strategie zur Bekämpfung der bisher hierzulande nicht bekannten Wanze entwickeln zu können, mussten wir erst einmal Verhalten und Biologie der Wanze ergründen“, erklärt der Leiter des Instituts für Pflanzengesundheit am Versuchszentrum Laimburg, Klaus Marschall. Derzeit prüfen und entwickeln die Experten des Versuchszentrums verschiedene Maßnahmen zur Regulierung der Wanze. Dazu stehen sie mit Forschungs- und Beratungsinstitutionen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene im Austausch.

Bildquelle: Versuchszentrum Laimburg

 

Maßnahmen zur Regulierung der Marmorierten Baumwanze

Auf der Grundlage der gewonnen Erkenntnisse über das Verhalten des Schädlings wurden am Institut für Pflanzengesundheit in einem zweiten Schritt verschiedene Maßnahmen zu dessen Regulierung getestet. Bislang stützten sich die Maßnahmen zur Regulierung der Marmorierten Baumwanze in Südtirol, aber auch in den anderen betroffenen Regionen, auf den Einsatz chemischer Insektizide und die Verwendung von Insektenschutznetzen. Langfristig sind jedoch nachhaltigere Strategien wie die biologische Bekämpfung mittels eines natürlichen Gegenspielers notwendig und wünschenswert. In Asien wird die Marmorierte Baumwanze auf natürliche Art und Weise, nämlich durch bestimmte Parasitoide wie der Samurai-Wespe (Trissolcus japonicus), in Schach gehalten.

Dieser „natürliche Gegenspieler“ aus dem ursprünglichen Verbreitungsgebiet des Schädlings in Asien soll nun auch hierzulande eingesetzt werden, um die Populationsdichte der Baumwanze auch in Südtirol soweit zu verringern, dass diese keine Gefahr für die heimischen Kulturen mehr darstellt. „Erste Laborversuche in der Schweiz, China oder den USA haben ergeben, dass die Samurai-Wespe 90 bis 100 % der Eier der Baumwanze parasitieren kann“, berichtet Entomologin Silvia Schmidt.

Erste Entdeckung der Samurai-Wespe in der Schweiz

Im Rahmen von Forschungsarbeiten in Apfelplantagen im Schweizer Kanton Tessin wurden Populationen der Samurai-Wespe entdeckt, die aus Eigelegen der Marmorierten Baumwanze stammen. „Es ist schwer mit Sicherheit zu sagen, wie es die Samurai-Wespe in die Schweiz geschafft hat. Die Wespe ist vermutlich zusammen mit dem Schädling aus ihrem Heimatgebiet eingeschleppt worden“, so der Biologe Dr. Tim Haye vom Forschungsinstitut Cabi in Delberg (Schweiz). Ob der Ursprung der Wespe tatsächlich in der Schweiz lag, oder sie schon vor ihrer dortigen Ausbreitung im klimatisch günstig gelegenen Norditalien eingeführt wurde, bleibt jedoch unklar.

Nachzucht und Freisetzung der Samurai-Wespe

Um einen effizienten Einsatz der Samurai-Wespe zu garantieren ist eine Nachzucht unumgänglich. Was bisher im Labor versucht wurde, soll im Sommer 2020 dann auch im Freiland glücken. Natürlich ist dabei Vorsicht geboten, denn die Freisetzung nicht-heimischer Arten kann sich negativ auf das lokale Ökosystem auswirken. Darum hat das italienische Umweltministerium mögliche Folgen genau geprüft und bewertet. Ein im September 2019 veröffentlichtes Dekret des Präsidenten der Republik Italien (Nr. 102 vom 5. Juli 2019) erlaubt die Einführung nicht-heimischer Arten und deren Einsatz zur Schädlingsbekämpfung. In einem Dekret des Umweltministeriums vom 2. April 2020 wurden die Kriterien festgelegt, nach denen nicht-heimische Arten wie die Samurai-Wespe freigesetzt werden können.

„Bei der Samurai-Wespe handelt es sich um einen ca. 2 mm kleinen eierfressenden Parasitoiden, der die Eigelege der Marmorierten Baumwanze parasitiert. Er legt seine Eier in den Eigelegen der Baumwanze ab und hindert diese so daran, sich zu vermehren“, erklärt Expertin Martina Falagiarda von der Arbeitsgruppe Entomologie des Versuchszentrums Laimburg in Südtirol.

Um die Samurai-Wespe erfolgreich freisetzen und damit ihre Ansiedelung in Südtirol fördern zu können, musste das Insekt nachgezüchtet werden. Dies ist seit Mai 2020 in Italien erlaubt und wird vom nationalen Pflanzenschutzdienst und vom nationalen Forschungsinstitut CREA (Consiglio per la ricerca in agricoltura e l’analisi dell’economia agraria) koordiniert. Im Auftrag des nationalen Pflanzenschutzdienstes liefert das CREA nun Material zur Vermehrung der Samurai-Wespe an die dazu ermächtigten regionalen Forschungsinstitutionen aus. Für die Autonome Provinz Bozen – Südtirol ist das Versuchszentrum Laimburg mit der Nachzucht der Samurai-Wespe zwecks biologischer Regulierung der Marmorierten Baumwanze beauftragt worden, im benachbarten Trentino die Fondazione Edmund Mach in San Michele all’Adige.
Die Samurai-Wespe wurde kürzlich an 42 ausgewählten Standorten freigesetzt, um deren Ansiedlung in Südtirol zu fördern und damit eine nachhaltige Regulierung der Marmorierte Baumwanze zu ermöglichen.

Heimische Schlupfwespe bereits ausgesetzt

Einen Schritt weiter ist man bei einem weiteren Gegenspieler der Marmorierten Baumwanze - der heimischen Schlupfwespe (Anastatus bifasciatus). Diese Wespenart kommt in Südtirol bereits vor, für einen effizienten Einsatz als natürlicher Gegenspieler zur Marmorierten Baumwanze muss ihre Vermehrung allerdings unterstützt werden. So wurde sie in den Labors des Unternehmens Bioplanet aus Cesena vermehrt und kürzlich an sechs verschiedenen Standorten in Südtirol freigelassen. Stefano Foschi, Sprecher des Labors, betonte bei der Freilassung der ersten Populationen in Nals, dass die Schlupfwespe keinerlei Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt darstellt, zumal sie in Südtirol ohnedies vorkommt: „Vielmehr handelt es sich bei ihrer Vermehrung um einen natürlichen Ausgleich des ökologischen Gleichgewichtes.“ 

Die Entwicklung dieses Gemeinschaftsprojektes des Südtiroler Apfelkonsortiums, der Arbeitsgemeinschaft für den integrierten Anbau (AGRIOS), dem Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau und dem Versuchszentrum Laimburg werden in den nächsten Wochen genau beobachtet, um den erhofften Erfolg durch die Freilassung der Schlupfwespen zu prüfen.

Zukünftige Bekämpfung der Marmorierten Baumwanze

Inwieweit die Samurai-Wespe ihren Namen gerecht werden kann und auch die heimische Schlupfwespe einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Marmorierten Baumwanze leisten kann wird sich zeigen. Da der Einsatz von chemischer Insektizide und die Verwendung von Insektenschutznetzen bisher keinen nennenswerten Erfolg brachten, machen die neuen Erkenntnisse, Initiativen und das Züchtungsprogramm der Samurai-Wespe auf alle Fälle Mut für die Zukunft, die Schäden der Marmorierten Baumwanze in den Apfel- und anderen Obstkulturen einzudämmen.

 

Quellen:
Versuchszentrum Laimburg

Cordis (Forschungsergebnisse der EU)

Südtiroler Apfelkonsortium
 

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